Kurzbiografien

Adomatis, Johann Friedrich Wilhelm Adolf (1851–1889): Bauhilfsarbeiter aus Berlin, von dort am 23.2.1884 wegen Betätigung für die Sozialdemokratie ausgewiesen. A. gehörte um 1884–86 zur Anarchistengruppe um Krause in Magdeburg, wohnte 1886 zeitweilig in Schönebeck und bildete auch dort zusammen mit Schley eine anarchistische Gruppe. A. wurde 1886 am Rande des Verfahrens gegen Drichel zusammen mit Krause verhaftet. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Baetge, Max (1859 – ?): Schuhmacher aus Magdeburg, gehörte während des Sozialistengesetzes zur illegalen Parteileitung in Magdeburg und im Mai 1887 zu den Angeklagten im Geheimbundprozess. Wegen Verbreitung des "Sozialdemokrat" wurde er zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach der Haft schloss er sich der Opposition an, im Juli 1890 war er Mitbegründer und Geschäftsführer der Magdeburger "Volksstimme", die er zusammen mit den Redakteuren Kampffmeyer und Hans Müller im September desselben Jahres wieder verließ. Im Oktober 1891 war er einer der drei Magdeburger Delegierten zum Erfurter Parteitag, auf dem er gemeinsam mit den anderen Vertretern der Opposition aus der Partei ausschied. Im Dezember 1891 war er Mitbegründer des "Vereins Unabhängiger Sozialisten" in Magdeburg. 1893 ging B. nach London, wo er Mitglied des "Communistischen Arbeiter-Bildungs-Vereines" wurde. Dessen Wendung zum Anarchismus vollzog er jedoch nicht. Paul Kampffmeyer nannte B. als einen – neben Adolph Schultze – der herausragenden Theoretiker der antiparlamentarischen Massenbewegung dieser Zeit.

Benzien (Benzin), August (1854 – 1888): Schneidergeselle aus Feldberg/Mecklenburg, im Dezember 1879 aus Berlin und im Oktober 1880 aus Hamburg ausgewiesen. War im November 1880 Unterzeichner des Protestes der "Berliner Ausgewiesenen" an den Parteitag der SAPD in Wyden. Hielt sich 1881/82 in Magdeburg auf und war hier Mitglied des illegalen Partei-Comités. B. ist später nach Amerika ausgewandert und dort frühzeitig verstorben. [Thümmler 1979, S. 175 und 244]

Brandt, Robert: Schlosser/Modelltischler aus Salbke bei Magdeburg. Gehörte 1885/86 zur anarchistischen Gruppe um Krause und beteiligte sich am Vertrieb anarchistischer Druckschriften. Im Mai 1887 wurde er wegen Beihilfe zu einem versuchten Dynamitattentat (Drichel-Affäre) und Verbreitung der "Freiheit" sowie des "Rebell" zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Bremer, Julius (1828–1894): Böttchermeister aus Wolmirstedt. B. war einer der Pioniere der Magdeburger Arbeiterbewegung und galt als "Vater der Sozialdemokratie in Magdeburg". Er war Mitbegründer des Magdeburger Arbeiterbildungsvereins (1863), des "Sozialen Reformvereins" (1868) und des "Sozialdemokratischen Arbeitervereins" (1869), zu dessen Vorsitzendem er gewählt wurde. 1876–78 war er Redakteur der "Magdeburger Freie Presse". Während des Sozialistengesetzes war B. Mitglied des Agitationskomitees der Magdeburger "Corpora" und einer der Führer des gemäßigten Flügels der hiesigen Sozialdemokratie. 1891 wurde er zum Stadtverordneten in Magdeburg gewählt. [MBL]

Conradi, Karl (1836–1887): Schlosser aus Bockenheim (bei Frankfurt/Main), war mindestens seit Mitte der 1870er Jahre in der sozialistischen Bewegung aktiv. 1877 war er Delegierter auf dem Frankfurter Parteikongress und übernahm im Sommer 1883 nach Krauses Weggang nach Buckau die Leitung der Frankfurter Anarchistengruppe. Im Mai 1885 wurde er wegen Verbreitung der Freiheit und Beleidigung zu 2 Monaten und 1 Woche Gefängnis verurteilt. Im April 1885 ging er nach Berlin und entwickelte dort nach einem Polizeibericht "eine sehr energische Agitation zur Bildung von geheimen Gruppen" und wurde deswegen im Mai desselben Jahres aus Berlin ausgewiesen. Über eine Zwischenstation in Magdeburg kehrt er nach Bockenheim zurück. Ende 1886 wurde die anarchistische Gruppe in Bockenheim zerschlagen und gegen ihre Mitglieder ein Verfahren wegen "Geheimbündelei" angestrengt. C., der auch Kontakte zu Neve unterhalten hatte, verstarb in Untersuchungshaft an den Folgen eines Blutsturzes. [Eichler 1983]

Dienemann, Bernhard (?–?): Maler, stammte vermutlich aus Berlin, jedenfalls schickte er von dort illegale Druckschriften nach Buckau. 1885 war er in Buckau leitend an der Bildung einer anarchistischen Gruppe beteiligt und betätigte sich bei der Verbreitung illegaler Druckschriften. 1886 wurde er zusammen mit Krause verhaftet und im darauffolgenden Jahr wegen Beihilfe zum geplanten Dynamitattentat Drichels und Verbreitung der "Freiheit" und des "Rebell" mit 4 Monaten Gefängnis bestraft. [LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Tit. 94 Nr. 13878, LHASA, Rep. C28 Ia, Nr. 856 Bd.1]

Drichel, Robert (1859–?): Eisendreher aus Berlin, wandte sich um 1883 der Sozialdemokratie zu. Ein Jahr später trat er unter Einfluss des Schneiders Krebs zum Anarchismus über. Im September 1884 wurde D. aus Berlin ausgewiesen, weil er anlässlich des Todestages Lassalles eine rote Fahne gehisst hatte. Er ging daraufhin nach Magdeburg, wo er bei dem Anarchisten Krause in Buckau unterkam. Weihnachten 1884 bezog er mit seiner Familie in Magdeburg-Sudenburg eine Wohnung. In Magdeburg festigte er unter dem Einfluss Krauses und durch die Lektüre der anarchistischen Zeitungen "Freiheit" und "Der Rebell" seine anarchistischen Anschauungen. Über Krebs kam er 1885 mit dem zu der Zeit im belgischen Exil befindlichen anarchistischen Aktivisten Johann Neve in brieflichen Kontakt. Dieser bot ihm auch ihn, nach Belgien zu kommen, um beim Schmuggel illegaler Schriften unterstützend tätig zu werden. Am 22.9.1886 wurde D. wegen "dringenden Verdachts des Verbrechens gegen Sprengstoffgesetz" verhaftet. Laut Polizeiakten gestand D. nach anfänglichem Leugnen, Sprengstoffe von Neve aus Belgien erhalten zu haben, mit denen er das Dienstgebäude der Polizei in die Luft sprengen wollte. Daraufhin wurde N. zu 5 Jahren und 2 Monaten Zuchthaus verurteilt. Während seiner Haft zeigte sich D. nach anfänglichem Leugnen gegenüber den Vernehmern als kooperationswillig. Er trat auch als Kronzeuge gegen seine Ex-Genossen Krause und Neve auf. Nach seiner Entlassung 1892 ging er zurück nach Berlin. In anarchistischen Kreisen wurde daraufhin immer wieder vor einer Spitzeltätigkeit D's gewarnt. [LAB, A Pr.Br. Rep.30 Nr. 9601; LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 13878; LHASA, Rep. C28 Ia, Nr. 856, Bd.1; Rocker 1994]

Eitner, Otto (1853–?): Zigarrenfabrikant aus Sommerfeld/Niederlausitz. E. beteiligte sich um 1880 am Vertrieb der "Freiheit" und des "Sozialdemokrat" in Berlin, 1884 wurde er Bezirksführer der Parteiorganisation des Berliner Westens und im August desselben Jahres aus Berlin ausgewiesen. 1885 war er in Magdeburg Vertrauensmann des 14. Bezirks und stand auf Seiten des radikalen Flügels der Magdeburger Partei. In der ersten Jahreshälfte 1886 verlegte er zeitweise seinen Wohnsitz nach Halle und unternahm er ausgedehnte Agitationsreisen durch Deutschland und kehrte anschließend kurzzeitig nach Magdeburg zurück. Aus der Magdeburger Organisation II ist er Mitte 1886 ausgeschieden, ging anschließend nach Königsberg und im September desselben Jahres wanderte er schließlich nach Amerika aus.

Gläser, Johann (1835 – Anfang 1890er): Schuhmacher, in Berlin u.a. Abonnent der "Freiheit". Im Februar 1882 aus Berlin ausgewiesen und nach Amerika ausgewandert, jedoch bald wieder nach Deutschland zurück. Um 1883 – 1885 in Magdeburg, dort Mitglied im Fachverein Groß Ottersleben und im Juni 1884 Initiator der Bildung einer Filiale des "Unterstützungsvereins deutscher Schuhmacher", im selben Jahr beteiligte er sich an der Demonstration anlässlich der Beerdigung des ebenfalls aus Berlin ausgewiesenen Strehmel und wurde deswegen zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Magdeburger Sozialdemokratie gehörte er zum radikalen Flügel bzw. laut Aussage Drichels auch zu einer Anarchistengruppe. 1885 nach Braunschweig verzogen, dort war er Mitglied der illegalen Parteileitung. Anfang der 1890er Jahre in Berlin verstorben. [LHASA, Rep. C28 I.A. Nr. 845, Bd. 6; LHASA, Rep C29 Tit. II, Nr. 10; LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 14682; LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 11662; Thümmler 1979; Bernstein 1907]

Grehl, Wilhelm (1845–?): Maurer aus Sudenburg bei Magdeburg. Einer der ersten Abonnenten der "Freiheit" in Magdeburg. Im November 1880 wurde die Polizei bei einer Haussuchung wegen des Verdachts der Verbreitung der "Freiheit" bei G. fündig, im April 1881 wurde er deswegen mit einem Monat Gefängnis bestraft. [div. Aktennotizen LAB]

Habermann, Wilhelm (1841–1887): Schneidermeister aus Bleckmar bei Celle. H. war einer der Pioniere der Magdeburger Arbeiterbewegung. Um 1866 war er Mitglied der lokalen IAA-Sektion, 1873 wurde er zum Vorsitzenden des Sozialdemokratischen Arbeiter-Vereins und 1876 zum Vorsitzenden des Sozialistischen Wahlvereins gewählt und 1876 und 1877 zum Delegierten für den Sozialistenkongressen in Gotha. 1879–81 war er an der Verbreitung illegaler Druckschriften beteiligt (darunter auch der "Freiheit"), wozu er einen "Leseverein" gegründet hatte und wofür er 1881 eine dreimonatige Gefängnisstrafe erhielt. 1883 ging er auf Distanz zu den Magdeburger Radikalen und versuchte, Gustav Krause als Anarchisten aus der Magdeburger Parteiorganisation ausschließen zu lassen. 1884/85 war er Mitglied des illegalen Agitationskomitees der Sozialdemokratie, 1884 und 1887 auch einer ihrer Reichstags-Wahlkandidaten. Im Februar 1887 wurde er wegen "Abhaltung öffentlicher Versammlungen unter freiem Himmel ohne vorgängige Erlaubnis" zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Beim Magdeburger Geheimbundprozess war er ebenfalls angeklagt, er ist jedoch noch vor der Urteilsverkündung in Haft verstorben, nachdem seine gesundheitlichen Beschwerden von der Gefängnisleitung lange Zeit ignoriert worden waren. Seine Totenfeier wurde zu einer Massendemonstration der Magdeburger Arbeiterschaft. [MBL]

Harprecht (Haprecht), Otto (1859–?): Eisendreher aus Magdeburg. H. war einer der Pioniere der anarchistischen Bewegung in Magdeburg. Im Juli 1884 wurde er nach Berlin entsandt, um die Reorganisation der Berliner Bewegung und den Schriftenversand an diese zu koordinieren. Ende 1884 kehrte er nach Buckau zurück und war Anfang 1885 an der Bildung einer anarchistischen Gruppe in Magdeburg beteiligt. Mindestens bis 1886 wurde er von der politischen Polizei als Anarchist geführt. [LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 11662; Nr. 13878; Nr. 14686]

Haupt, Bernhard (?–?): Schlosser aus Buckau, 1885 an der Bildung einer anarchistischen Gruppe in Buckau beteiligt. 1886 zusammen mit Krause verhaftet, aber scheinbar nicht angeklagt. [LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Tit. 94 Nr. 13878; LHASA, Rep. C28 Ia, Nr. 856 Bd.1]

Heine, August (1842 – 1919), Hutmacher aus Halberstadt. Zunächst Anhänger der Fortschrittspartei, 1863 Mitbegründer der Halberstädter Filiale des ADAV, 1871 Herausgeber des sozialdemokratischen "Halberstädter Volkszeitung" und später Redakteur der Halberstädter "Freien Presse" sowie 1883–84 der Halberstädter "Sonntagszeitung"; 1879–84 sozialdemokratischer Stadtverordneter in Halberstadt, 1884–87 Reichstagsmandat für Magdeburg, 1890–93 für Aschersleben; Mai 1887 Angeklagter im Magdeburger Geheimbundprozess, wo er erklärte, dass er "auf dem Boden der Kaiserlichen Botschaft" stehe, was ihm heftige Kritik in seinem Wahlkreis einbrachte und 1890 schließlich seine Aufstellung als Kandidat für Magdeburg kostete; Delegierter auf den sozialdemokratischen Parteitagen 1887 in St. Gallen, 1890 in Halle, 1891 in Erfurt. [div. Protokolle, MBL, Sperlich 1983, S. 183]

Ferdinand Henning

Ferdinand Henning

Henning (Hennig), Ferdinand (1849–?): Tischler, Anfang 1880 aktiver Verbreiter der "Freiheit" und Vertreter des V. Wahlkreis im Comité der Berliner Sozialdemokratie, im Juli 1880 aus Berlin ausgewiesen. Ging nach Hamburg, von wo er bereits im Oktober 1880 ebenfalls ausgewiesen wurde. Anschließend Aufenthalt in Frankfurt/Main, wo er u.a. zusammen mit Krause das Mostsche Flugblatt "Endlich ist es gelungen" verteilt hat. Spätestens ab Mitte 1883 in Magdeburg, dort ebenfalls Verbreiter der Freiheit und 1885 Mitbegründer einer anarchistischen Gruppe. 1886 zusammen mit Krause verhaftet. 1887 (?) wegen Verbreitung des o.g. Flugblattes zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. 1890 im Gewerkschaftsprozess angeklagt. Nach 1900 Gastwirt in Rixdorf (Berlin). [LHASA, Rep C29 Tit. II, Nr. 6; LHASA, Rep C30 A (alt) Wanzleben III Nr. 40; LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 14681; LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 13878; Thümmler 1979; Bernstein 1907]

Herrmann, Carl (alias Unger ) (1861–?): Schriftsetzer aus Magdeburg. Zunächst Sozialdemokrat, arbeitete er jedoch eng mit Krause zusammen. So hat er für die Schaffung einer Druckerei für den "Rebell" Material bei seinem Arbeitgeber gestohlen und ist, als die Sache aufgeflogen ist, 1885 in die Schweiz geflohen. Spätestens nach seinen Erfahrungen mit den Parteiführern – er hat kurzzeitig in der Druckerei des "Sozialdemokrat" gearbeitet – hat er sich den Polizeiakten zufolge "vollständig der anarchistischen Sache hingegeben". H. ist in Versammlungen als Referent aufgetreten, so z.B. im Januar 1885 in Groß Ottersleben. Ende 1885 wurde H. wegen Diebstahls zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt und hat sich nach Haftverbüssung im Februar 1886 in Schönebeck niedergelassen. Gemeinsam mit Krause plante er, eine Broschüre über das Verhalten der Sozialdemokraten in der Schweiz herauszugeben. 1887 ist er wieder nach Sudenburg gezogen.

Höpfner, Wilhelm (?–?): Gehörte um 1885/86 zur Anarchistengruppe um Krause und war am Vertrieb der "Freiheit" und des "Rebell" beteiligt.

Hoppe, August sen. (ca. 1822–?) und Hoppe, August jun. (?–?): Vater und Sohn, beide Steinsetzer aus Groß Ottersleben. H. sen. ließ vermutlich als erster Vater in seinem Heimatort seine zwei ältesten Kinder atheistisch beim Freidenker Leberecht Uhlich erziehen. Laut den Erinnerungen Kösters waren beide Hoppes "untrennbar" mit dem "Entstehen des sozialistischen Gedankens in Groß Ottersleben verbunden". Der Sohn galt für Köster gar als "unstreitbar die markanteste Persönlichkeit im Kreise der Genossen der achtziger Jahre, das Mensch gewordene Prinzip des Sozialismus". In den Akten ist oft auseinanderzuhalten, welcher Hoppe für welche Sachen verantwortlich war. Jedenfalls war einer der beiden dabei, als am 18.3.1886 eine rote Fahne an einem Telegrafenmast in Groß Ottersleben angebracht worden war. Ein August Hoppe war im Vorstand und Lokalverwalter des Fachvereins in Groß Ottersleben, ebenso wie von einem H. diverse Veranstaltungen der freireligiösen Gemeinde angemeldet wurden. Ein H. galt auch als Gesinnungsgenosse von Krause. H. jun. war um 1891 Betreiber eines Restaurants in der Magdeburger Tauenzienstraße, wo auch die "Volksstimme" vertrieben und desöfteren beschlagnahmt wurde. H. sen. setzte seinem Leben ein Ende, "als er sich nicht mehr ernähren konnte", sein Sohn verstarb Anfang des 20. Jahrhunderts. [Cyclop 1911, div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Hucke, August (?–?): H. wohnte in Benneckenbeck und war laut Polizeiberichten "Gesinnungsgenosse des Krause" und ein enger Gefährte von Köster, den er auch eine Zeit lang beherbergte. Er nahm Mitte der 1880er Jahre an Corpora-Versammlungen teil und wurde deswegen im Februar 1887 wegen "Abhaltung öffentlicher Versammlungen unter freiem Himmel ohne vorgängige Erlaubnis" mit 2 Wochen Gefängnis bestraft. 1889 war H. Mitunterzeichner eines Aufrufs an die arbeitende Landbevölkerung des Wahlkreises Wanzleben zur Gründung eines Wahlvereins. [Cyclop 1911, div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Huthmann, Adolf (?–?): H. wohnte in Groß Ottersleben und war einer der Pioniere der dortigen sozialistischen Bewegung. 1885 war er Kassierer des sozialdemokratischen Vereins des Kreises Wanzleben und zu jener Zeit auch Teilnehmer an Corpora-Versammlungen. Er gehörte zu denjenigen, die am 18.3.1886 eine rote Fahne an einem Telegrafenmast in Groß Ottersleben angebracht hatten. Mitte der 1886er Jahre gehörte er zur anarchistischen Gruppe in Groß Ottersleben und zu den dortigen Weiterverbreitern der "Freiheit", die er von Krause bezog. 1889 war H. Mitunterzeichner eines Aufrufs an die arbeitende Landbevölkerung des Wahlkreises Wanzleben zur Gründung eines Wahlvereins. Im Jahre 1911 wurde er, zu jener Zeit in Lemsdorf wohnend, wegen Beleidigung angeklagt und freigesprochen. [Cyclop 1911, div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Jensch (Jaensch, Gensch), Friedrich (1854–?): Kesselschmied aus Lemsdorf. 1885 zweiter Vorsitzender des Fachvereins Groß Ottersleben. Er nahm an Corpora-Versammlung der sozialdemokratischen Partei teil, war aber laut Aussagen Drichels um 1886 "Gesinnungsgenosse des Krause" und an der Verbreitung der "Freiheit" in der Grusonschen Fabrik beteiligt. Im Februar 1887 wurde er zusammen mit Köster wegen Verbreitung anarchistischer Druckschriften (u.a. die Zeitschrift "Rebell") zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Jordan, Johannes (?–?): Tischler aus Buckau. Gehörte um 1886 zum Fachverein Groß Ottersleben und zur anarchistischen Gruppe um Krause. Laut einer Notiz des Amtsvorstehers Groß Ottersleben war er "einer der rührigsten Anarchisten". So war er an der Verbreitung von anarchistischen Druckschriften beteiligt, korrespondierte mit auswärtigen Stellen, u.A. mit Pötting in Berlin und wurde 1886 zusammen mit Krause verhaftet. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Kaulitz, Harry (1854–?): Redakteur und Schriftsteller aus Braunschweig. K war frühzeitig in St. Johann (bei Saarbrücken) in der sozialdemokratischen Bewegung aktiv, was ihm 1877 eine 2,5-jährige Haftstrafe wegen "Aufreizung" einbrachte. Anschließend ging er über Braunschweig und Hamburg nach London, wohnte dort kurzzeitig bei Most, arbeitete für dessen "Freiheit" und wurde auch Mitglied im Communistischen Arbeiter-Bildungsverein (CABV), aus dem er aber wieder austrat, weil er beabsichtigte, mit Marx und Engels in engere Verbindung zu treten. In London lernte er Schneidt kennen, mit dem er gemeinsam dort 1882 ein "Internationales literarisches Büreau" gründete und Ende 1883 mit ihm nach Deutschland zurückkehrte. Bei seiner Ankunft in Potsdam wurde er wegen des Verdachtes auf Hochverrat zusammen mit Schneidt verhaftet, bald aber wieder freigelassen. Anschließend betätigte er sich als Agitator in Potsdam und Berlin und wurde deswegen ausgewiesen. Er ging kurzzeitig wieder nach London und dann nach Paris, kehrte mit Erlaubnis der Polizei im März 1885 nach Braunschweig zu seinem kranken Vater zurück. Im Oktober 1885 kam er dann nach Magdeburg, um Schneidt bei seiner "Gerichtszeitung" zu unterstützen, den er dann aber laut Polizeivermerk, aus der Redaktion verdrängte. Im August 1886 nahm er diese Zeitung als verantwortlicher Redakteur, wandelte diese dann aber in eine Beilage seines im Januar 1887 gegründeten "Neuen Magdeburger Tageblatt" um. Parallel zu diesen Zeitungen gab er seit November 1885 eine Theaterzeitung mit dem Titel "Der Rezensent" heraus, ab 1886 dann noch das "Magdeburger Montagsblatt". Nach seiner Übersiedlung nach Brüssel im Oktober 1887 zog er sich von allen politischen Aktivitäten zurück, denunzierte aber anlässlich eines geschäftlichen Aufenthaltes in Hannover eine Anzahl seiner ehemaligen Genossen bei der Polizei, darunter auch Schneidt – was ihm laut Polizei, dessen "Todfeindschaft" einbrachte. [div. Aktennotizen LAB und LHASA, Personenakte: LHASA, Rep C29 IVo Nr. 21]

Klees, Wilhelm (1841–1922): Eisendreher, Steindrucker und Zigarrenfabrikant aus Magdeburg. 1868 war er Mitbegründer des "Sozialen Reformvereins", 1869 Mitbegründer der SDAP in Eisendach und mehrfach Delegierter zu deren Kongressen. 1876 wurde er zum Schriftführer des Sozialistischen Wahlvereins und zum Delegierten zum Sozialistenkongress in Gotha gewählt. 1877/78 war er Redakteur der "Freien Presse", 1885 für das "Volksblatt" in Magdeburg. Während des Sozialistengesetzes gehörte er zum Agitationscomité der Corpora in Magdeburg. Um 1880 gehörte er zu den Verbreitern der "Freiheit" in Magdeburg. Im Februar 1887 wurde er wegen "Abhaltung öffentlicher Versammlungen unter freiem Himmel ohne vorgängige Erlaubnis" zu 6 Wochen sowie beim Geheimbundprozess im Mai desselben Jahres zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. 1890 wurde er erster sozialdemokratischer Stadtverordneter in Magdeburg, von 1893–1903 war er Reichstagsabgeordneter sowie von 1919–22 Stadtrat in Magdeburg. [Sperlich 1983, 191] [MBL]

Knauerhase, Gustav (Pseudonym: G. Brinckmann) (1851–1886): In Tallendorf (bei Liegnitz, Schlesien) geboren, von Beruf Tischler. Ende 1882 bis ca. Anfang 1885 Expedient und zeitweise auch Leiter des Europäischen Büros der Mostschen "Freiheit". In dieser Zeit hat er auch den Vertrieb der "Freiheit" nach Magdeburg besorgt und dazu mit Gustav Krause und Robert Drichel korrespondiert. Infolge der Auseinandersetzungen im Kommunistischen Arbeiterbildungsverein in London verließ er diesen im Mai 1885 zusammen mit Peukert und Rinke, begründete die Gruppe "Autonomie" mit und überließ die Abonnentenliste dem "Rebell", der zum Organ der "Autonomie" wurde. Im März 1886 in London gestorben. [Nettlau 1996, S. 333; Fricke/Knaack 1983, S. 221, 273; LHASA Rep C28 Ia Nr. 845 Bd.4] [LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 8655]

Köster, Friedrich (Pseudonym: Cyclop, Fridolin) (1855 – 1934): Schlosser aus Rodenberg (Kreis Rinteln). K. war seit Anfang der 1880er Jahre in der sozialdemokratischen Partei aktiv. Er kam während der Zeit des Sozialistengesetzes 1885 nach Groß Ottersleben und beteiligte sich an der illegalen Arbeit der Sozialdemokratie. Er war zu dieser Zeit Vorsitzender des gewerkschaftlichen "Fachvereins für sämtliche Berufsgruppen von Groß Ottersleben und Umgegend". In dieser Zeit wurde er mehrmals zu Haftstrafen verurteilt: 1886 wegen öffentlicher Beleidigung zu 3 Monaten Gefängnis, 1887 wegen Verbreitung illegaler Druckschriften zu 18 Monaten Gefängnis, die er in Gommern verbüßte.

1890/91 war K. in der Opposition der "Jungen" in der Magdeburger Sozialdemokratie aktiv. 1890 war er Delegierter des Wahlkreises Wanzleben auf dem Parteitag der Sozialdemokratischen Partei in Halle, im selben Jahr wurde K. auch Redakteur der im Juli 1890 gegründeten "Magdeburger Volksstimme". In dieser Tätigkeit wurde er wiederum mehrmals zu Haftstrafen wegen beanstandeter Artikel verurteilt, deren Verbüßung er sich 1891 durch Flucht in die Schweiz entzog. In Zürich wurde K. Mitglied der "Unabhängigen Sozialisten", die sich inzwischen von der sozialdemokratischen Partei getrennt hatten und vertritt 1893 als Delegierter die Magdeburger Unabhängigen auf dem dortigen Internationalen Sozialistenkongress. In den 1890er Jahren war K. dann in der Schweiz als Gewerkschafter in verschiedenen Funktionen aktiv und schloss sich um die Jahrhundertwende endgültig der anarchistischen Bewegung an. In Polizeiberichten aus dieser Zeit wird K. als der "Führer der Züricher Anarchisten" bezeichnet. Während seines Aufenthaltes in der Schweiz wurde K. von Paul Kampffmeyer finanziell unterstützt.

Im Januar 1910 kehrte er, nachdem die Strafvollstreckung durch Verjährung erloschen war, nach Groß Ottersleben zurück. Er trat auf Drängen von Freunden wieder der SPD bei – trotz "erschreckender Stagnation im Lager der heutigen Sozialdemokraten", wie er sich später erinnerte. Gemeinsam mit dem bekannten Anarchisten Gustav Landauer versuchte er in der Magdeburger Gegend das Landproletariat für die anarchistische Bewegung zu gewinnen. Im Frühjahr 1910 war er führend an einem Streik der Otterslebener Feldarbeiterinnen beteiligt. Im Juni 1910 kommt es zu einem Ausschlussverfahren aus der SPD gegen Köster und weitere Oppositionelle aus Groß Ottersleben wegen ihrer Aktivitäten für die anarchistische Bewegung. Um einem Ausschluss zuvorzukommen, erklärte er nach einem Zusammenstoß mit dem damaligen Magdeburger Parteivorsitzenden Beims seinen Austritt.

Bis zu seinem Umzug 1911 nach Berlin, wo er als Redakteur der unabhängigen linken Wochenzeitung "Die Tribüne" tätig wurde, ist K. auf zahlreichen öffentlichen Versammlungen in Magdeburg und Umgebung als Referent und Einberufer aufgetreten. Im gleichen Jahr begründete er die Zeitschrift "Der Pionier", welche zum theoretischen Organ der "Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften" (FVdG) wurde. In seiner Tätigkeit als verantwortlicher Redakteur handelte er sich wiederholt Strafverfahren ein. Nach insgesamt 3 Monaten in verschiedenen Gefängnissen trat er Ende 1912 von der Redaktion zurück und zog nach Dresden.

Auf dem 10.Kongreß der FVdG im Jahre 1912 in Magdeburg vertrat er als Delegierter die Dresdener Bauarbeiter. Bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges war er in zahlreichen Vortragsrundreisen im Auftrage der Geschäftskommission der FVdG unterwegs gewesen. Nach der Zwangspause während des Krieges nahm er diese Tätigkeit im Jahre 1919 wieder auf, die ihn immer wieder auch in die Magdeburger Gegend verschlug. 1920 wurde er in die Geschäftskommission der "Freien Arbeiter Union Deutschlands" (FAUD), der Nachfolgeorganisation der FVdG, gewählt. Anfang der 1920er Jahre war er als Redakteur der syndikalistischen Tageszeitung "Die Schöpfung" bzw. der Wochenzeitung "Der Syndikalist" tätig. Auch nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftskommission und der Redaktion des "Syndikalist" blieb K. für die syndikalistische Bewegung aktiv.

Seine Frau, Aimée Köster, war in den 1920ern Redakteurin der sozialistischen Frauenschrift "Die schaffende Frau" und im "Syndikalistischen Frauenbund" aktiv.

Krebs, Otto (?–?): Berliner Schneidermeister und Anarchist, hielt mit den Magdeburger Anarchisten Krause und Drichel engen Kontakt. Möglicherweise um 1884 zeitweilig in Magdeburg (Grosse Steinernetischstr.) wohnhaft. [LHASA, Rep C29 Tit. II, Nr.6, Bd.1]

Krause, Gustav (1851–?): Von Beruf Schuhmacher wurde K. wegen seiner Aktivitäten für die sozialdemokratische Bewegung "der Mostschen Parteirichtung" 1881 aus Berlin ausgewiesen. Er ging zunächst nach Frankfurt/Main, wo er laut Polizei zum Führer der dortigen anarchistische Gruppe wurde. Dort wurde er wegen des Verdachtes auf Hochverrat verhaftet. Im Sommer 1883 zieht er nach Buckau bei Magdeburg, wo er zunächst Quartier bei dem ebenfalls ausgewiesenen Anarchisten Henning bezog. Noch im selben Jahr bemühte er sich um die Gründung eines lokalen Fachvereines der Schuhmacher sowie um die antimilitaristische Agitation in den hiesigen Kasernen. Zu dieser Zeit war er bei der lokalen und überregionalen Verbreitung der anarchistischen Zeitungen "Rebell" und "Freiheit" aktiv. Die Magdeburger politische Polizei schätzte K. als den "Führer der hiesigen Anarchisten" ein. Ende 1884 beherbergte er den aus Berlin ausgewiesenen Drichel in seiner Wohnung in Buckau. 1885 bildeten sich auf seine Initiative anarchistische Gruppen in Buckau und Magdeburg. K. hielt rege Kontakte nach London (Neve, Winter), New York (Robert Hahn), wie auch zu Genossen in Frankfurt/Main, Braunschweig und Berlin. Im Jahre 1886 besuchte ihn der Bruder des bekannten, 1885 hingerichteten Anarchisten August Reinsdorf, Bruno Reinsdorf, in seiner Wohnung in Buckau. Zu dieser Zeit nahmen laut einem Polizeispitzel "Einfluss und Ansehen Krauses bedenklich zu". 1886 wurde er im Zusammenhang mit dem angeblichen versuchten Sprengstoff-Anschlag auf das Magdeburger Polizeipräsidium durch Robert Drichel festgenommen, aufgrund fehlender Beweise jedoch bald wieder freigelassen. Im Mai 1887 wurde er jedoch – nicht zuletzt aufgrund der belastenden Aussagen Drichels – wegen der Verbreitung der "Freiheit" und des "Rebell" in 17 Fällen zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, die er in Berlin verbüßte. Während er in Haft war, erschienen im "Sozialdemokrat" Spitzelvorwürfe gegen K., die jedoch offensichtlich unbegründet waren. Nach seiner Freilassung 1889 kehrte er nach Magdeburg zurück und war weiter für die anarchistische Bewegung aktiv. [LHASA, Rep. C29 Tit. II, Nr.6, Bd.1 u. 2; LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 13878; Rocker 1994]

Kühne, Gustav (?–?): Arbeiter aus Magdeburg. Mindestens seit 1880 Leser der "Freiheit", 1881 wegen Verbreitung der "Freiheit" mit einem Monat Gefängnis bestraft. Gehörte zur anarchistischen Gruppe um Krause und soll angeblich versucht haben, über seinen Schwager Sprengstoff zu besorgen. 1886 vermutlich im Gefolge der Drichel-Affäre verhaftet, aber nicht verurteilt. [LHASA, Rep C29 Tit. II, Nr.10; LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 13878]

Lankau, Carl (1853–1926): Drechsler und Schlosser aus Magdeburg. L. wurde 1876 in den Vorstand des Sozialistischen Wahlvereins gewählt und war während des Sozialistengesetzes Vertrauensmann der Magdeburger Sozialdemokratie. Anfang der 1880er Jahre zählte er zu den Verbreitern der "Freiheit" und des "Rebell" und gehörte nach der Spaltung der Magdeburger Parteiorganisation dem radikalen Flügel (Org. II) an. Um 1890 stand er den oppositionellen "Jungen" nahe. Er war zudem im Vorstand des Metallarbeiter-Fachvereins. Beim Geheimbundprozess 1887 wurde er zu 6,5 Monaten Gefängnis verurteilt. 1890 zählte L. zu den Mitbegründern der "Magdeburger Volksstimme", 1893 wurde er deren Geschäftsleiter. Wegen seiner Tätigkeit für diese Zeitung wurde er 1896 zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt. Von 1902–14 war er Stadtverordneter in Magdeburg. Um 1900 übernahm er als Wirt die Gaststätte Luisenpark in der Spielgartenstr. (heute Gorki-Str. in Stadtfeld), die auch als Versammlungslokal von zahlreichen Organisationen der Arbeiterbewegung genutzt wurde. [Drechsler 1995; MBL]

Hermann Malchert

Hermann Malchert

Malchert (Melchert), Hermann (1854–?): Schlosser aus Berlin, dort 1882 Vorsitzender des Central-Comités der illegalen Parteiorganisation. Im Juli 1882 zusammen mit Sendig aus Berlin ausgewiesen, beide gingen zunächst nach Düsseldorf, wurden dort nach Bekanntwerden ihrer Ausweisung aus Berlin entlassen und wandten sich nach Magdeburg, wo sie bei Gruson in Buckau Arbeit gefunden hatten. Im November 1882 nahm M. an einem Treffen mit dem Reichstagsabgeordneten Hasenclever in Magdeburg teil. 1884 beteiligte er sich an der Demonstration anlässlich der Beerdigung des ebenfalls aus Berlin ausgewiesenen Strehmel. War 1885 bei der Spaltung der Parteiorganisation einer der Wortführer des radikalen Flügels, schied jedoch ein Jahr später wegen Zerwürfnissen aus der Magdeburger Parteiorganisation aus. Ende 1886 wurde sein Besuch eines Vortrages Schwennhagens in Magdeburg bei der Polizei aktenkundig.

Meurer, Heinrich (1856–?): Zigarrenmacher aus Boppard (Rheinland). Betätigte sich um 1886 in der anarchistischen Bewegung Magdeburgs und wurde am 9.2.1887, u.A. zusammen mit Köster, wegen Verbreitung anarchistischer Druckschriften zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Möllmer, Julius (?–?): Privat-Sekretär aus Magdeburg. Gehörte laut Polizei um 1886 der "Umsturzpartei und der radikalsten Richtung" in Magdeburg an, war aber laut Aussagen des Spitzels Schwennhagen "ein völlig harmloser Mensch". Er unterhielt u.A. Kontakte mit Gläser, Schneidt und Habermann sowie ins Ausland. Er schrieb in Magdeburg für die "Gerichtszeitung". Im Mai 1886 stellte er einen Antrag, den Fachverein Groß Ottersleben aufgrund der "Bestimmungen des Socialistengesetzes" aufzulösen. Dahinter vermutete die Polizei eine taktische Finte und lehnte den Antrag deswegen ab. [div. Aktennotizen LHASA]

Most, Johann (1846–1906): Beamtensohn aus Augsburg, Buchbinder, Agitator. 1871 Redakteur der Chemnitzer "Freien Presse", 1873 der "Volksstimme" in Mainz, 1876–78 der Berliner "Freien Presse"; 1867, 1874–78 MdR für die SAPD, 1874–76 Haft. 1878 aus Berlin ausgewiesen, ging nach London, gründete dort die "Freiheit" als Exilorgan der Sozialdemokratie. 1880 wurde er auf dem Wydener Parteikongress aus der Partei ausgeschlossen und wandte sich schließlich dem Anarchismus zu. Die "Freiheit" wurde zur wichtigsten Zeitung der sich formierenden anarchistischen Bewegung in Deutschland. 1882 nach New York übergesiedelt, war er dort bis zu seinem Tode Herausgeber der "Freiheit". [Sperlich 1983, 202]

Napierella, Josef (?–?): Arbeiter aus Sudenburg. N. war Anfang der 1880er Jahre in der sozialdemokratischen Bewegung Magdeburgs aktiv. Mindestens seit November 1880 war er Abonnent und Weiterverbreiter der "Freiheit". A, 23.4.1881 wurde er wegen Verbreitung der "Freiheit" mit einem Monat Gefängnis bestraft. Im Februar 1882 findet sich sein Name auf einer Abonnentenliste des "Rebell", im November 1882 wurde er in einer Liste als einer der "hervorragenden organisierten Sozialdemokraten von Magdeburg und Umgebung" verzeichnet. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Neve, John (1846–1896): Tischler aus Schleswig, laut Polizei "die Seele der anarchistischen Agitation" in Deutschland, organisierte "mit außerordentlichem Eifer und Ausdauer und vor allem mit vollkommener Uneigennützigkeit" von London und ab Herbst 1885 von Belgien den Vertrieb der "Freiheit" sowie des "Rebell" nach Deutschland. Mehrere Haftstrafen (1883 Wien, 1884 Hanau), Exil in der Schweiz, Paris, London und Belgien. Er war höchstwahrscheinlich der Absender einer im Februar 1887 in Magdeburg für den dortigen Anarchisten Drichel eingegangenen Sendung mit Sprengstoffen. Am 21.2.1887 in Lüttich (Belgien) aufgrund von Informationen eines Polizeispions verhaftet, an die deutsche Polizei ausgeliefert und im Oktober 1887 vom Reichsgericht in Leipzig wegen Vergehen gegen das Dynamitgesetz, Anreizung zum Volksaufstand, Verbreitung von illegalen Druckschriften usw. zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Eine Beteiligung an dem Attentat gegen den Polizeichef von Frankfurt/Main, Rumpff, konnte ihm jedoch nicht nachgewiesen werden. N. starb 1896 in Haft in Berlin Moabit, nachdem bereits 1888 jeder Kontakt zur Außenwelt abgebrochen war. Most hatte kurz zuvor noch versucht, durch Appelle an den deutschen Reichstag, die unmenschlichen Haftbedingungen Neves zur Sprache zu bringen und eine Freilassung zu erwirken. [Fricke/Knaack 1983, S. 43 und 329f; Nettlau 1996, S. 324ff, 331ff; Rocker 1994, S.284ff; LHASA, Rep C29 Tit. II, Nr. 13]

Noack, Reinhold (?–?): Stuhlmacher aus Magdeburg. Um 1886 bei der Verbreitung der Freiheit und des Rebell in Magdeburg aktiv. N. wurde 1886 zusammen mit Krause verhaftet und wegen Verbreitung von illegalen Druckschriften zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Pötting, Carl (1851–?): Klempner aus Lübbecke (Westf.), seit 1878 in der sozialdemokratischen Bewegung in Berlin aktiv, nahm dort laut Polizei eine "hervorragende Stellung unter den Berliner Agitatoren" ein. Bis Februar 1882 Mitglied des dortigen Central-Comités. Im Juli 1882 5monatige Haftstrafe wegen "Aufreizung", nach der Haft schloss er sich der anarchistischen Bewegung an und galt bei der Polizei 1884 als "überzeugungstreuer Anarchist" und die "Seele" der Berliner Anarchisten. Im September 1884 wurde er ausgewiesen und ließ sich in Buckau (bei Krause) nieder und verkehrte dort "ausschließlich mit den hiesigen Anarchisten". Eine befristete Aufenthaltserlaubnis in Berlin anlässlich der Entbindung seiner Frau nutzte er, um die Kontakte zwischen den Magdeburger und Berliner Anarchisten zu intensivieren. "Vertraulichen Informationen" der Polizei zufolge, plante er im Herbst 1884 ein "Dynamit-Attentat" in Magdeburg, um damit "die Verhängung des kleinen Belagerungszustandes herbeizuführen". Anfang 1885 sollte er das Lokal des Fachvereins Groß Ottersleben übernehmen, was aber am Einspruch seiner Frau, welche ihren Mann ansonsten bei seiner Tätigkeit"nicht nur unterstützt, sondern auch anregt", scheiterte. Im März 1885 verzog er nach Brandenburg und nach seiner Ausweisung von dort im September 1885 wieder nach Magdeburg, wo er diesmal bei Drichel Wohnung nahm. Weihnachten 1885 wurde ihm aufgrund einer schweren Erkrankung eine zunächst befristete, dann dauerhafte Rückkehr nach Berlin gestattet. [LHASA, Rep C29 Tit. II, Nr. 8] [LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 14686, Bl. 13–14]

Reinsdorf, Bruno (?–?): Schriftsetzer aus Pegau (Sachsen), Bruder des August Reinsdorf. R. unterhielt um 1886 Kontakte nach Buckau mit Krause, den er im Sommer 1886 auf dem Weg nach Amerika besuchte. Im New Yorker Exil beteiligte er sich an der Redaktion der "Freiheit" und stand laut Polizei ganz "auf dem Standpunkt seines hingerichteten Bruders". Nach der Zerschlagung der Magdeburger anarchistischen Gruppe(n) im Frühjahr 1887 war es R., der die verbliebenen Magdeburger Anarchisten mit revolutionären Druckschriften, darunter die "Freiheit", versorgte.[div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Reinsdorf, August (1849–1885): Schriftsetzer aus Pegau (Sachsen), Bruder des Bruno R. R. war neben Most der wohl bekannteste Vertreter des frühen Anarchismus in Deutschland. 1870 entzog er sich dem Militärdienst durch die Flucht in die Schweiz. Dort machte der damalige Sozialdemokrat R. Mitte der 1870er Jahre Bekanntschaft mit den Ideen des Anarchismus. Nach Deutschland zurückgekehrt, machte er sich zunächst in Leipzig an die Verbreitung seiner neuen politischen Überzeugungen. Nach der Verhängung des Sozialistengesetzes kehrte er in die Schweiz zurück, die er aber wegen eines drohenden Prozesses wieder verlassen musste. R. ging wieder nach Deutschland, wo er sich unter dem Namen Gfeller in Berlin niederließ. Ab 1880 veröffentlichte R. Artikel in der Mostschen "Freiheit". Im Juni 1881 wurde er aus Berlin und noch im selben Monat auch aus Leipzig ausgewiesen und hielt sich dann in mehreren deutschen Städten auf. Er plante angeblich mehrere Attentate, wegen eines versuchten Anschlages auf den deutschen Kaiser (bei der Einweihung des Niederwald-Denkmals 1883) wurde er verhaftet und nach seiner Verurteilung 1885 im Zuchthaus Halle/Saale hingerichtet. [Schütte 1983; Rocker 1994]

Reuter, August (1849–?): Tischler, war Vertreter des Wahlkreises IVb beim Central-Comité der Berliner Sozialdemokratie und wurde 1882 aus Berlin ausgewiesen. Er ging nach Magdeburg, war dort 1883 Initiator von Zusammenkünften der in Magdeburg befindlichen Ausgewiesenen zur Reorganisation der dortigen Parteiorganisation. 1884 Mitunterzeichner einer Kollektivbeschwerde gegen das Verbot von Wahlversammlungen und beteiligte sich im selben Jahr an der Demonstration anlässlich der Beerdigung seines Genossen und Schwagers Strehmel. Bei der Spaltung der Parteiorganisation 1885 schloss er sich dem radikalen Flügel an. 1888 war er 2. Vorsitzender in einer sozialdemokratischen Versammlung in Magdeburg. [LHASA, Rep C29 Tit. III, Nr. 6, Bl. 2; Quellensammlung 1990, S. 72; Thümmler 1917, S. 224]

Schley, Otto (1862–?): Tischler aus Dessau. Kam im November 1885 aus Hamburg nach Schönebeck. Er gründete und leitete dort eine anarchistische Gruppe und war am Schriftenvertrieb beteiligt. S. unterhielt enge Kontakte zu den Magdeburger Anarchisten um Krause und korrespondierte u.A. mit Genossen in Berlin, London und New York. Im Juni 1886 wurde er bei einem Kurzaufenthalt in Berlin wegen "unerlaubten Waffentragens" verhaftet. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Schneidt, Karl (Pseudonyme: Karl Klarenthal; Charles bzw. Carolus Robert) (1854–1945): Schriftsteller und Redakteur aus Rußhütte (Kreis Saarbrücken). S. wuchs in einer Lehrerfamilie auf und absolvierte ein Universitätsstudium der Philologie in Bonn und Heidelberg und war anschließend selbst kurze Zeit als Lehrer in Saarbrücken und Linz tätig. Ab Mitte der 1870er Jahre betätigte er sich als Journalist, u.a. für die "Bergischen Volksstimme" in Barmen. Dort verbüßte er 12 Monate Gefängnis wegen Verstoß gegen §130 (Volksverhetzung) und §131 (Gewaltdarstellung). 1879 ging er nach Hamburg, wo er zusammen "mit seinem berüchtigten Genossen Hasselmann" (so seine Polizeiakte) verschiedene sozialdemokratische Zeitungen – so z.B. das "Hamburger Volksblatt" – herausgab.

1880 emigrierte er nach Brüssel, wo er 1880 an einem sozialrevolutionären Kongress teilnahm. Anschließend ging er nach Paris und Ende 1881nach seiner Ausweisung schließlich nach London. In London schloss er sich endgültig der Opposition um Most und Hasselmann an und wurde Redakteur der "Freiheit", für die er bereits zuvor als Korrespondent tätig gewesen war. Als Most 1882 verhaftet wurde, übernahm S. auch die Leitung des Blattes. In London traf er Kropotkin und Malatesta, die zu den führenden Vertretern der anarchistischen Bewegung zählten. Gemeinsam mit ihnen wurde er in das Executivcomité der Londoner Anarchisten gewählt. Laut seiner Akte bei der deutschen Polizei war seine Lage im Exil aufgrund fehlenden Erwerbs so schlecht, dass "er vor keiner verbrecherischen That mehr zurückschreckt". Im November 1883 kehrte er zusammen mit seinem damaligen Freund Kaulitz nach Deutschland zurück und wurde bei seiner Ankunft in Potsdam verhaftet und in Leipzig wegen Hochverrat angeklagt. Nach fünfmonatiger Haft wurde er schließlich Mangels Beweisen freigelassen.

Im April 1885 kam er von Zittau nach Magdeburg und gab dort die "Magdeburger Gerichts-Zeitung" und die "Deutschen Volksblätter" heraus, beides unabhängige oppositionell-sozialistische Zeitungen. S. pflegte zwar Kontakte zu anderen Magdeburger Oppositionellen, arbeitete jedoch weder in der sozialdemokratischen Opposition, noch in der anarchistischen Gruppe um Krause aktiv mit.

Um 1889/90 verbrachte er eine Zeitlang im Saargebiet und im Rheinland, wo er für die Gewerkschaften der Bergarbeiter agitatorisch tätig war. Im November 1891 war er Gründungsmitglied des Vereins der Unabhängigen Sozialisten, einer Organisation der aus der sozialdemokratischen Partei ausgeschlossenen Opposition. In Berlin gab er 1891–93 die Zeitung "Der Spottvogel", eine satirische Wochenschrift, heraus. Weitere Zeitungen folgten: "Die Schmach des Jahrhunderts - Halbmonatsschrift zur Bekämpfung des Antisemitismus" (1892), "Die Kritik - Monatsschrift für öffentliches Leben" (1894–1902), "Zeit am Montag", einem "Boulevardblatt mit libertären Tendenzen." (1904), "Die Tribüne. Wochenschrift für Aufklärung, Belehrung und Unterhaltung" (1905–21).

1905 wurde S. zusammen mit zwei Vorwärts-Redakteuren im sogenannten "Plötzensee-Prozeß" wegen Enthüllungen über die unhaltbaren Zustände in preußischen Gefängnissen angeklagt, in dem Karl Liebknecht die Verteidigung übernahm. In den 1920er Jahren war S. für die "Rote Hilfe" aktiv, wo er zeitweilig im Zentralvorstand mitarbeitete.

Schriften: "Die Hintermänner der Sozialdemokratie", Berlin 1890; "Die Eiserne Maske: das enthüllte Geheimnis der Sozialdemokratie". Berlin o.J. (1891 oder 1892); "Der Prozess Ahlwardt und anderes", Moderner Verlag Berlin 1892; "Neue Aufschlüsse über die Hunger-Revolte in Berlin", Berlin-Groningen 1892; "Das Kellnerinnen-Elend in Berlin", Berlin 1893; "Die Magdeburger Majestätsbeleidigungsprozesse. Kritische Erörterungen", Spottvogel-Verlag Berlin 1899; "Wilhelm II. von Gottes Gnaden.", Verlag Tribüne Berlin 1911; "Die Sozialdemokratie in Feldgrau: ernste Betrachtungen in ernster Zeit" Verlag Tribüne Berlin, ca. 1915 [Müller 2000; div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Schultze, Adolf (1859–?): Zimmermann aus Friedrichsfelde bei Berlin. S. wurde im September 1883 wegen seiner Betätigung für die illegale sozialdemokratische Bewegung aus Berlin ausgewiesen und ging anschließend nach Magdeburg. Dort wurde er 1884 zum Vorsitzenden des Lokalverbandes der Zimmerer (Verband deutscher Zimmerleute) gewählt und versuchte, diesen zu politisieren. Die Magdeburger Zimmerer schlossen sich nicht zuletzt unter seinem Einfluss dem oppositionellen Flügel der Gewerkschaftsbewegung an. Er gehörte nach der Spaltung der Magdeburger Partei der oppositionellen Organisation II an. Im Mai 1887 wurde S. u.a. wegen Verbreitung des "Socialdemokrat" zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. In einem Polizeibericht von 1888 wird S. als "Hauptleiter der hiesigen Gewerkschaftsbewegung" bezeichnet, der mit "fanatischem Eifer und vielseitigster Tätigkeit" sich der "planmäßigen Aufwiegelung der Leidenschaften" und der "Vorbereitung des gewaltsamen Umsturz" verschrieben habe. In Magdeburg vertrieb er die oppositionelle "Berliner Volkstribüne". Im Juni 1888 war S. Referent auf dem 2. deutschen Zimmererkongress in Chemnitz, wo er für die Beibehaltung des Lokalverbandsprinzips plädierte: nur durch eine über die Lohn- und Arbeitszeitfragen hinausgehende Diskussion könne eine "Hebung des sittlichen Bewusstseins" erreicht werden, was nur in Lokalverbänden möglich sei. Im gleichen Jahr nahm S. in der Umgebung von Magdeburg an der Landagitation aktiv teil und kandidierte für die Stadtverordnetenversammlung. 1890 wurde er als Delegierter zum Halleschen Parteitag der Sozialdemokratie gewählt und trat dort als Verfechter der Opposition auf. Ende 1890 wurde er Redakteur der "Volksstimme" und galt als einer der Wortführer der "Jungen" in Magdeburg. Als deren Vertreter wurde S. auch zum Erfurter Parteitag 1891 delegiert, wo er die Hetzkampagne gegen die Opposition kritisierte und erklärte: "Wenn gesagt worden ist, es fehlte in Magdeburg ein hervorragender Führer, so antworte ich, wir haben in Magdeburg auch Parteipäpste gehabt, aber mit ihnen aufgeräumt." 1892 war er Referent auf der Gründungsversammlung des Magdeburger "Vereins der Unabhängigen Sozialisten" und nach Aussagen Paul Kampffmeyers neben Baetge der "Theoretiker der antiparlamentarischen Massenbewegung". Ihn verband auch eine enge Freundschaft mit dem damals ebenfalls oppositionellen Sozialdemokraten und späteren Anarcho-Syndikalisten Fritz Köster. [Protokolle der Parteitage der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1890/91; div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Sendig, Max (1852–?): Maschinenbauer aus Löbtau/Dresden. S. war bereits in seinem Heimatort aktiver Sozialdemokrat, 1881 zog er nach Berlin, wurde dort Vertrauensmann, Bezirksführer im Wahlkreis VIa und Mitglied des Central-Comités der illegalen sozialdemokratischen Partei. Er hielt Kontakt mit zahlreichen Reichstagsabgeordneten, wie z.B. Wilhelm Liebknecht und Karl Egon Frohme. Laut Polizei war S. einer der "einflussreichsten Agitatoren" in Berlin. Er wurde während seines Aufenthaltes in Berlin nahezu ständig beobachtet und insgesamt 42mal festgenommen Im Juli 1882 wurde er zusammen mit Malchert aus Berlin ausgewiesen. Beide gingen zunächst nach Düsseldorf, wurden dort nach Bekanntwerden ihrer Ausweisung aus Berlin entlassen und wandten sich nach Magdeburg, wo sie bei Gruson in Buckau Arbeit gefunden hatten. S. taucht bereits im November 1882 in den Polizeiakten in einer Liste der "hervorragenden organisierten Sozialdemokraten von Magdeburg und Umgebung" auf und war u.a. als Korrespondent für den "Socialdemokrat" in Zürich tätig. Im Oktober 1883 ist er nach Lemsdorf und im April 1885 schließlich nach Groß Ottersleben verzogen, um die dort lebenden Arbeiter zu organisieren. Immer wieder verlor er aufgrund seiner Aktivitäten seinen Arbeitsplatz. Weihnachten 1884 war er Delegierter zum Kongress der Metallarbeiter Deutschlands in Gera. In Groß Ottersleben war S. im November 1884 maßgeblich an der Gründung des "Fach-Vereins verschiedener Berufsgenossen für Groß-Ottersleben und Umgegend" beteiligt. Dort pachtete er mit Hilfe von Parteigeldern ein Hausgrundstück in der Breiten Str. 7, wo ein Lokal des Fachvereins eingerichtet und von S. betrieben wurde. Im Saal des Lokales fanden zahlreiche Versammlungen statt, bei denen auch S. mehrfach als Referent auftrat. Er gehörte zum revolutionären Flügel innerhalb der Magdeburger Sozialdemokratie, der sich im Sommer 1885 von der offiziellen Partei abspaltete. Nach den Unruhen in Groß Ottersleben im Juni 1885 anlässlich einer von der Polizei aufgelösten Versammlung entzog er sich einer möglichen Bestrafung durch seine Flucht nach Amerika. Dort wurde er Mitglied der Socialist Labor Party und war noch 1909 in St. Louis in der Arbeiterbewegung aktiv. [LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 13132; Auer 1913]

Sparfeld, (?–?): Tischler aus Berlin. S. war einer der Begründer der anarchistischen Bewegung in Berlin und Führer einer Gruppe im Berliner Osten, deren Treffen u.A. in seiner Privatwohnung sowie im Freien stattfanden. Laut Aussagen Drichels soll er dort auch Versuche mit Sprengstoff durchgeführt haben, wofür die Polizei aber keine weiteren Belege finden konnte. Mit Krause war er wohl noch aus dessen Berliner Zeit bekannt. Er unterhielt Kontakte ins Ausland (Neve, Knauerhase) sowie zu den Anarchisten der umliegenden Städte (Magdeburg, Brandenburg, Rathenow ...). Ostern 1885 hat er sich an einem Treffen regionaler Anarchisten in Brandenburg beteiligt, wo über die Gründung einer Druckerei beraten worden war und er u.A. mit Krause zusammentraf. Im Dezember 1892 war S. Referent zum Thema "Produktiv-Assoziationen" auf einer Versammlung des Berliner Vereins Unabhängiger Sozialisten (VUS). [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Uhlich, Theodor (1862–?): Arbeiter, freireligiöser Prediger aus Magdeburg, Enkel von Leberecht Uhlich. Lebte eine Zeit lang in Rathenow, wo er in einer optischen Fabrik arbeitete. Er nahm dort aktiv an der sozialdemokratischen Bewegung teil und machte um 1885 durch Pötting erste Bekanntschaft mit der anarchistischen Bewegung. Mit ihm reiste er zu Krause nach Buckau und wurde dort mit führenden Vertretern des radikalen Flügels der Magdeburger Sozialdemokratie und der Anarchisten bekannt. Von dort kehrte er zunächst nach Rathenow zurück, um dort eine anarchistische Gruppe aufzubauen, weswegen er von den führenden Vertretern der dortigen Sozialdemokratie gemieden wurde. Noch 1885 bot er sich der Polizei als Spitzel an, und wollte dafür seine Kontakte mit der anarchistischen Bewegung in Magdeburg ausbauen. Im April 1886 wurde er in Potsdam wegen schweren Diebstahls mit 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus bestraft. Nach Haftverbüssung ging er Ende 1887 nach Magdeburg und hielt dort Kontakte zur sozialdemokratischen Bewegung und betätigte sich als Prediger der freireligiösen Gemeinde. Im Frühjahr 1890 wurde er wegen Majestätsbeleidigung in Magdeburg angeklagt. Laut Einschätzung der Polizei war U. zu dieser Zeit zwar Agitator nach dem Vorbild seines Großvaters, aber kein Sozialdemokrat. [div. Aktennotizen LAB und LHASA; Personenakte: LHASA, Rep C29 Tit. II, Nr. 12]

Veelmann, Heinrich (?–?): Groß Ottersleben. Gründungsmitglied und erster Vorsitzender sowie späterer Schriftführer des Fachvereins Groß Ottersleben. Laut Erinnerungen Kösters war er "mit der Entstehen des sozialistischen Gedankens in Groß Ottersleben untrennbar verbunden" Anfang der 1890er in der Magdeburger Sozialdemokratie (gemässigter Richtung) u.a. als Einberufer und Leiter von Versammlungen aktiv. [Quellensammlung 1990; Cyclop 1911, div. Aktennotizen LHASA]

Louis Viereck

Louis Viereck

Viereck, Louis (1851 in Berlin – 1921 in Bad Wildungen): Rechtsreferendar, Redakteur ("Rekordhalter in Sachen Zeitungsgründung" – Sperlich 1983, S. 30), u.a. 1877/78 Mitarbeiter der Berliner "Freien Presse", Verleger der "Süddeutschen Post" München (1882–84), der "Harzer Post" und der "Thüringer Wald-Post" (1884), des "Neuen Volksblattes" für die Provinz Sachsen (1886) und der gewerkschaftlichen Wochenzeitung "Das Recht auf Arbeit" (1884–90). 1879 wurde V. aus Berlin ausgewiesen und hat sich dann in Leipzig niedergelassen. 1880 war er Delegierter auf dem Wydener sowie 1883 auf dem Kopenhagener Parteikongress. Wegen letzterem wurde er im August 1886 vom Landgericht Freiburg zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. 1878 und 1881 war V. Reichstagskandidat der sozialdemokratischen Partei für Magdeburg. 1884–87 Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Leipzig-Land. 1881 führte in eine längere Agitationstour in die USA. 1886 folgte die Ausweisung aus Leipzig, weswegen er sich in München niederließ. 1886 war V. Mitangeklagter und Verurteilter (9 Monate Gefängnis) im Freiberger Geheimbundprozess. 1887 wurde er auf dem Parteitag in St. Gallen wegen seiner opportunistischen Haltung aller Vertrauensstellungen in der Partei enthoben. Von 1890–96 betätigte er sich als Herausgeber div. Gesundheitsblätter, siedelte 1894 nach Berlin über und wanderte schließlich 1896 nach den USA aus, wo er als Korrespondent für verschiedene deutsche Zeitungen arbeitete. 1911 kehrte er nach Berlin zurück. [Fricke/Knaack 1983, S.68; Fricke 1976; Sperlich 1983, S. 227;Thümmler 1979, S. 238;; Bernstein 1907; http://www.luise-berlin.de; http://www.fes.de]

Völkel, Felix Titus (1841 in Wirsitz/Provinz Posen–?): Gymnasiallehrer, Schriftsteller, Dr. der Philosophie. Von Anfang 1886 bis ca. 1892 war V. in Magdeburg Sprecher der freien Religions-Gesellschaft und Redakteur des "Neuen Sonntagsblatt", das in der Tradition von Leberecht Uhlich stand. In Groß Ottersleben unterstützte er 1886 erfolgreich die Bestrebungen des dortigen Fachvereins zum Austritt aus der Landeskirche. In Magdeburg pflegte er auch Kontakte zu anarchistischen Kreisen, für die er auch die Zeitungen "Freiheit" und "Autonomie" bezogen haben soll. Laut Polizei stand er zu dieser Zeit auch mit dem Redakteur des in Detroit/USA erscheinenden anarchistischen Blattes "Der arme Teufel", Robert Reizel, in regelmäßiger Verbindung. V. war häufig und für längere Zeit als Wanderprediger in ganz Deutschland unterwegs. Immer wieder erhielt er wegen Gotteslästerung, Beleidigung etc. Gefängnisstrafen von bis zu 9 Monaten, so z.B. im Oktober 1895 wegen einer im Juni desselben Jahres in Magdeburg abgehaltenen öffentlichen Versammlung zum Thema "Sollen die Dissidentenkinder gezwungen werden, an dem Schul-Religionsunterricht teilzunehmen?". 1893 verzog er nach Berlin, 1896 nach Braunschweig und schließlich verließ er 1898 Deutschland, um sich einer weiteren drohenden Gefängnisstrafe zu entziehen und siedelte in die USA über. In der in New York erscheinenden Mostschen "Freiheit" erschienen immer wieder Berichte von Versammlungen mit dem "genialen Sprecher der hiesigen 'Freien Gemeinde'", so dass zu vermuten ist, dass er auch dort Kontakte mit Anarchisten gepflegt hat. [LAB, A Pr. Br. Rep. 030 Nr. 13959]

Wille, Friedrich (?–?): Gußputzer aus Magdeburg-Sudenburg. W. war um 1886 in der sozialdemokratischen und anarchistischen Bewegung Magdeburgs aktiv. Er nahm zumindest an einer Corpora-Versammlung teil, war am Vertrieb der "Freiheit" beteiligt und galt als "Gesinnungsgenosse des Krause" mit dem er 1886 zusammen verhaftet wurde. Im Februar 1887 wurde er wegen "Beihilfe zu einem Dynamitattentat" und Verbreitung der "Freiheit" und des "Rebell" zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]

Winter, Carl (1846 in Betheln, Kreis Hildesheim–?) Bote bei der Magdeburger Kranken-Unterstützungs- und Sterbe-Kasse. 1880 war er einer der ersten Verbreiter der "Freiheit" in Magdeburg, weswegen er im November 1880 nach einer Haussuchung vorläufig verhaftet wurde. Er entzog sich zum Jahreswechsel 1880/81 einer möglichen Verurteilung durch Flucht nach Amerika (?). Um 1885/86 lebte er in London, von wo aus er u.a. mit Krause in Buckau (sowie auch Krebs in Berlin und Neve in Belgien) korrespondierte und die "Freiheit" sowie andere anarchistische Druckschriften lieferte.

Wollschläger, Otto (1853 – 1916): Schuhmacher aus Magdeburg. Anfang der 1880er Jahre war W. in der sozialdemokratischen Bewegung, u.a. in Magdeburg, Hildesheim und Hamburg aktiv. 1881 wurde er wegen Verbreitung verbotener Druckschriften zu einem Monat Gefängnis verurteilt, 1885 aus Hamburg ausgewiesen. 1886 war er in Magdeburg führend am Schuhmacherstreik bei Bührung & Co. beteiligt. Im selben Jahr ist W. wegen Zerwürfnissen aus der Magdeburger Sozialdemokratie ausgeschieden. 1893 nahm er an einer Anarchistenkonferenz in Hildesheim teil. 1893 verzog er nach Burg und wurde dort Mitglied der Konsum- bzw. Schuhmachergenossenschaft und Kolporteur des "Sozialist". Hier nahm er u.a. an einem Streik in der Schuhfabrik von Sack teil und wollte laut Polizeiakten den Schuhmacherverein ins anarchistische Lager führen. 1898 wurde er aus dem Schuhmacherzentralverband in Burg ausgeschlossen. 1899 zog er wieder nach Magdeburg, wo er Mitglied der anarchistischen "Freien Produktiv-Genossenschaft" wurde. 1905 war er Gründungsmitglied des "Freiheitlichen Lese- und Diskutierklub 'Kampf'" und Delegierter auf dem 4. Kongress der AFD in Weimar. Am 7.7.05 wurde W. wegen Verbreitung der Broschüre von Tolstoi "Du sollst nicht töten" zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Folgezeit kam es bei W. immer wieder zu Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts der Verbreitung illegaler Schriften. Im Sommer 1907 ging er auf Wanderschaft und kehrte im Sommer 1908 wieder nach Magdeburg zurück. Im selben Jahr verbüßte er im Magdeburger Gerichtsgefängnis eine 14tägige Haftstrafe wegen Verbreitung der Mainummer des "Revolutionär". Von 1908 bis mindestens 1914 war er Mitglied des Vorstandes des "Vereins der freien Sozialisten und Anarchisten für Magdeburg und Umgebung". 1912 war er Teilnehmer der Konferenz zur Gründung einer Agitationskommission für die Provinz Sachsen. Er vertrieb in Magdeburg Zeitschriften, wie "Revolutionär", "Der freie Arbeiter" und vermutlich auch den Landauerschen "Sozialist". W. verstarb am 26.2.16 im Krankenhaus Magdeburg-Altstadt. [div. Aktennotizen LAB und LHASA]